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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 14.05.2007
Aktenzeichen: 5 U 19/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 139
BGB § 242
BGB § 311 b
Beinhaltet ein Mietvertrag ein Ankaufsrecht des Mieters nach Beendigung des auf 20 Jahre abgeschlossenen Mietvertrags, bedarf dies der notariellen Beurkundung.

Fehlt es daran, führt dies gem. § 139 BGB zur Nichtigkeit auch des Mietvertrags, wenn dieser ohne das Ankaufsrecht nicht oder nicht unter diesen Konditionen abgeschlossen worden wäre.

Die Berufung auf die Formnichtigkeit gemäß § 242 BGB nach 10-jähriger Vertragsdauer ist nicht treuwidrig, wenn die Parteien alsbald nach Vertragsschluss die Nichtigkeit erkennen und jahrelang über eine Beurkundung des Vertrags verhandeln, zu der es jedoch letztlich nicht kommt.


Oberlandesgericht Stuttgart 5. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 5 U 19/07

Verkündet am 14. Mai 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 23.04.2007 eingereicht werden konnten, unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Würthwein, Richterin am Oberlandesgericht Rose und Richter am Oberlandesgericht Dr. Brennenstuhl

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 25.10.2006 - 9 O 303/05 - in der berichtigten Fassung vom 17.01.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und die im 2. Rechtszug entstandenen Kosten der Streithelferin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteiles jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 99.486,36 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten aufgrund einer Mieteintrittsvereinbarung im Wege der Teilklage Zahlung von Mietzins für den Zeitraum Januar bis März 2004.

Mit schriftlichem Vertrag vom 08.12.1992 (Anlage K 1) vermietete die CO ... ... mbH an die SA.. ... GmbH, die damals zum Konzern der Rechtsvorgängerin der Beklagten gehörte, Lager- und Büroräume in ...... K....... . Eigentümerin des Objekts war die CE... die es an die CO.... verleast und der die Rechte aus dem Mietvertrag sicherungshalber abgetreten worden waren (Anlage K 16, Bl. 270/286 d.A.). Im Immobilien-Leasingvertrag werden (unter III. der Vorbemerkungen) voraussichtliche Investitionskosten der Leasinggeberin in Höhe von 12.900.000,00 DM einschl. Grundstückskosten aufgeführt. Das Mietverhältnis begann zum 01.07.1993 (§ 2 Ziff. 1 des Mietvertrages) und sollte zum 31.03.2013 enden (§ 3 Ziff. 1). Der Mietzins betrug vom 1. bis zum 6. Jahr monatlich 86.400,00 DM netto ohne Nebenkosten, vom 7. bis zum 10. Jahr 93.200,00 DM (§ 4 Ziff. 2). Gemäß § 3 Ziff. 5 wurde der Vermieterin ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung für den Fall eingeräumt, dass der Mieter grundlos mit mehr als einer monatlichen Zahlung im Rückstand liegt. In § 6 des Mietvertrages wurde ferner geregelt, dass eine Vertragsbesicherung durch die Gestellung der in Anlage 6 dem Vertrag beigefügten Patronatserklärung der P ...... ...... GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, erfolgt. Nach § 1 Ziff. 5 gelten alle mitunterschriebenen oder mit zu unterschreibenden Vertragsunterlagen (1-8) als wesentliche Bestandteile dieser Vereinbarung. Nach § 16 Ziff. 5 berührt die Unwirksamkeit einer Bestimmung die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht. Darüber hinaus enthält § 3 Ziff. 2 folgende Vereinbarung:

" Am Ende der Mietperiode hat der Mieter das Recht, das Objekt zum Restwert zu übernehmen oder aber eine neue, noch zu vereinbarende Mietvereinbarung zu treffen.

Die Option muss seitens des Mieters spätestens 18 Monate vor Ablauf der Mietperiode dem Vermieter angezeigt werden.

..."

In § 3 Ziff. 3 haben sich die Parteien als Kaufpreis auf einen Restwert von 51,952 % von 12.900.000,00 DM geeinigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den schriftlichen Mietvertrag vom 08.12.1992 (Anlage K 1, Bl. 9 ff. d. A.) Bezug genommen. Die vorerwähnte Patronatserklärung vom 27.08./07.09./08.12.1992, die von der Vermieterin, der Mieterin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten unterschrieben wurde, hat folgenden Wortlaut (vgl. Anlage K 6, Bl. 21/22 d. A.):

" Vereinbarung

...

1. Zwischen den Mietparteien besteht folgender Vertrag betreffend Objekt K mit Wirkung ab 01.01.1993.

2. In Kenntnis dieses Vertrages wird hiermit allseits wirksam erklärt:

a) P ...... ...... GmbH ist berechtigt, mit Zustimmung der Mietparteien in obigen Mietvertrag einzutreten. Der Mieter kann seine Einwilligung nicht verweigern, wenn ein Grund vorliegt, der zur Kündigung berechtigt.

b) Der Vermieter kann von P ...... ...... GmbH verlangen, mit allen Rechten und Pflichten, jedoch ohne die Verpflichtung zur Zahlung rückständiger Mieten und Mietnebenkosten über 3 Monate hinaus sowie Leistungen aus Schadensersatz anstelle des Mieters in obigen Mietvertrag einzutreten, wenn ein zur Kündigung berechtigender Grund vorliegt.

Mit Zugang der Aufforderung, in den Mietvertrag einzutreten, gilt der Mieteintritt als erfolgt".

Am 14.05.1993 übertrug die Vermieterin ihre Rechte und Pflichten mit Zustimmung der Mieterin gemäß § 16 des Mietvertrages auf die Klägerin, die damals unter AT firmierte.

Mit Schreiben vom 27.07.1993 (Anlage K 20, Bl. 346) trat die Klägerin an den Bevollmächtigten der Rechtsvorgängerin der Beklagten heran, um das im Mietvertrag enthaltene Ankaufsrecht notariell beurkunden zu lassen. Eine notarielle Nachbeurkundung des Mietvertrages einschl. des Ankaufsrechts und der Patronatserklärung nahm der Notar Dr. G. ... mit Amtssitz in Basel am 19.10.1994 vor (Anlage K 9, Bl. 135 d.A.), bei der die Mieterin sowie die Rechtsvorgängerin der Beklagten durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten waren. Unstreitig wurden die darin enthaltenen Erklärungen in der Folge weder von der Mieterin noch von der Beklagten oder deren Rechtsvorgängerin genehmigt.

Die Mieterin äußerte im Schreiben vom 22.02.1995 die Auffassung, für die Wirksamkeit des Ankaufsrechts sei eine notarielle Beglaubigung und eine Eintragung im Grundbuch erforderlich, und stellte ihre Mitwirkung bei der Heilung von Formmängeln in Aussicht (Anlage K 10, Bl. 142 d. A.). Mit Rückantwort vom 27.02.1995, auf deren Inhalt verwiesen wird (Anlage B 13, Bl. 172 d. A.), bat die Klägerin um Terminsabsprache. Die Mieterin ersuchte die Klägerin am 15.08.1996 um generelle Zustimmung zu der von ihr beabsichtigten Untervermietung (Anlage K 34, Bl. 466 d.A). Der frühere Bevollmächtigte der Mieterin wandte sich mit Anwaltsschreiben vom 23.02.1998 an Herrn Notar Dr. G. ... mit dem Anliegen, eine Nachtragsurkunde zu entwerfen, mit der u.a. die Regelungen zum Ankaufsrecht abgeändert werden sollten (Anlage SV 6, Bl. 437 f. d.A.). Den Entwurf eines Nachtrages zur Urkunde vom 19.10.1994 übersandte Dr. G. ... am 05.08.1998 u.a. an die Klägerin und den Bevollmächtigten der Mieterin (Anlage SV 7, Bl. 439 f. d.A.).

Seit 01.01.2003 werden von der Mieterin keine Mietzinsen mehr an die Klägerin entrichtet. Das Mietverhältnis wurde von der Mieterin mit Schreiben vom 27.05.2003 (Anlage B 6, Bl. 63 d. A.) gekündigt.

Die Klägerin, die zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Mietvertrag in eigenem Namen ermächtigt wurde (Anlage K 4, Bl. 29 d. A.), forderte die Beklagte am 24.03.2004 (Anlage K 6.1, Bl. 55/56 d. A.) zum Eintritt in den Mietvertrag auf, außerdem zur Zahlung von rückständigen Mietzinsen in Höhe von 180.703,86 €. Das Mieteintrittsverlangen wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 29.04.2004 (Anlage B 7, Bl. 104 d. A.) unter Beifügung der vorerwähnten Ermächtigung wiederholt.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 99.486,36 € mit der Begründung in Anspruch genommen, diese sei aufgrund der Mieteintrittsvereinbarung aus dem Jahr 1992 zur Zahlung der Miete und Nebenkosten für den Zeitraum Januar bis März 2004 verpflichtet. Bei dem im Mietvertrag erwähnten Ankaufsrecht handele es sich um ein unverbindliches Angebot. Der Mietvertrag wäre auch ohne Ankaufsrecht geschlossen worden, weil die wirtschaftliche Bedeutung des Ankaufsrechts für die Mieterin zu vernachlässigen gewesen sei. Der vereinbarte Mietzins sei marktüblich gewesen. Das Ankaufsrecht sei auf Initiative der Klägerin in den Vertrag mit aufgenommen worden. Da das Ankaufsrecht im Falle eines bestehenden Rechtsbindungswillens nur als einseitiges Optionsrecht zu verstehen sei, sei die fehlende Form durch die Nachbeurkundung vom 19.10.1994 geheilt worden. Die Patronatsvereinbarung stelle ein selbstständiges Garantieversprechen dar. Eine evtl. Formnichtigkeit des vereinbarten Ankaufsrechtes führe wegen der im Mietvertrag enthaltenen salvatorischen Klausel nicht zur Unwirksamkeit des Mietvertrages. Die Beklagte könne sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf eine mögliche Formnichtigkeit der Patronatsvereinbarung berufen, nachdem das Mietverhältnis annährend 10 Jahre vollzogen worden sei und die Beklagte weder vom Schutzbereich des § 311 b BGB n. F. umfasst noch schutzbedürftig sei. Da sie durch die Eigentümerin zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung berechtigt gewesen sei, komme es auf den Zeitpunkt des Nachweises der Berechtigung nicht an. Die Klägerin bestreitet, dass die Mieterin durch Verkauf der Gesellschaftsanteile 1992 aus dem Konzernverbund der jetzigen Beklagten ausgeschieden ist.

Die Beklagte hat vorgetragen, der vereinbarte Mietzins liege über dem marktüblichen. Weil die Vermieterin Wert auf eine Mietvertragsdauer von 20 Jahren gelegt habe, habe sie auf der Gewährung eines Ankaufsrechts bestanden. Ohne Ankaufsrecht wäre der Mietvertrag nicht zustande gekommen. Beim Ankaufsrecht habe es sich nicht lediglich um eine einseitige Verpflichtung, sondern um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft gehandelt. Wegen der fehlenden notariellen Beurkundung des Ankaufsrechts sei der gesamte Mietvertrag unwirksam. Von der Unwirksamkeit werde auch die Mieteintrittsvereinbarung erfasst. Letztere habe lediglich dazu gedient, die Vermieterin gegen eine Insolvenz ihrer ehemaligen Konzerntochter zu schützen. Im Dezember 1992 seien sämtliche Gesellschaftsanteile an der SA.. ... GmbH an ein nicht zu ihrem Konzern gehörendes Unternehmen verkauft worden. Für andere als konzernzugehörige Unternehmen greife die Patronatsvereinbarung nicht. Die Klägerin sei nicht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages berechtigt, weil die Mieterin auf Grund der Nichtigkeit des Vertrages lediglich eine Nutzungsentschädigung schulde, die niedriger als der vereinbarte Mietzins sei; daher sei diese zur Aufrechnung mit Gegenansprüchen berechtigt. Die Berufung auf die Formnichtigkeit sei nicht treuwidrig. Ihrer Rechtsvorgängerin sei bei Vertragsabschluss die Formbedürftigkeit des Ankaufsrechtes nicht bewusst gewesen. Eine Nachbeurkundung sei namentlich deswegen abgelehnt worden, weil das Ankaufsrecht grundbuchrechtlich nicht gesichert gewesen sei.

Die Beklagte hat der Rechtsnachfolgerin der Mieterin den Streit verkündet, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist. Die Streithelferin hat hervorgehoben, dass der ursprüngliche Entwurf eines Mietvertrages lediglich eine Laufzeit von 10 Jahren vorgesehen und dass sie die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts gewünscht habe. Als Kompromiss sei eine Laufzeit von 20 Jahren und die Vereinbarung eines Ankaufsrechtes erzielt worden. Der Mietvertrag habe durch die lange Laufzeit und die Bindung der Miete an die Finanzierungskosten der Klägerin zur Refinanzierung der Klägerin gedient. Ohne ein Ankaufsrecht hätte ihre Rechtsvorgängerin dem Mietvertrag nicht zugestimmt. Die Bereitschaft zu einer langfristigen Bindung sei mit ihrer Erwartung einher gegangen, am Ende der Laufzeit einen gesicherten Anspruch auf den Erwerb des Objektes zum Restwert zu haben. Die Aussicht, das Objekt zum Restwert zu übernehmen, sei deswegen äußerst lukrativ gewesen, weil dadurch die Standortkosten hätten drastisch reduziert und Wettbewerbsvorteile erzielt werden können. Die Nachbeurkundung habe nicht zu einer Heilung des Formmangels führen können, weil das Ankaufsrecht nicht lediglich ein einseitiges Vertragsangebot darstelle, sondern einen beide Seiten bindenden Vorvertrag. Die Klägerin habe auf die Formgültigkeit nicht vertraut, nachdem dieser die Unwirksamkeit des Mietvertrages in kurzem zeitlichen Abstand nach dessen Abschluss bekannt geworden sei. Die Klägerin sei dem Wunsch auf grundbuchrechtliche Absicherung des Ankaufsrechtes nicht nachgekommen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen T ..... und B ..... die Klage abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt, von der Nichtigkeit des vereinbarten Ankaufsrechtes wegen Nichteinhaltung der notariellen Form sei der gesamte Mietvertrag erfasst, weil der Mietvertrag ohne ein Ankaufsrecht nicht vereinbart worden wäre. Eine Heilung des Formmangels sei nicht erfolgt, da eine vorvertragliche Bindung bestehe, sodass eine einseitige notariell beurkundete Willenserklärung der Klägerin für eine Heilung nicht ausreiche. Die Berufung auf die Nichtigkeit des Mietvertrages und der Patronatsvereinbarung sei nicht treuwidrig. Beide Parteien seien sich bewusst gewesen, dass der Mietvertrag hätte notariell beurkundet werden müssen. Die Beklagte habe selbst keinen Vertrauenstatbestand geschaffen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Sie macht - ihren erstinstanzlichen Vortrag vertiefend und ergänzend - geltend, es sei sowohl von der Gültigkeit des Mietvertrages als auch der Patronatsvereinbarung auszugehen. Die Einräumung eines Ankaufsrechts sei, da die alternativ vorgesehene Möglichkeit auf Abschluss einer Mietvereinbarung sehr unbestimmt gewesen sei, ohne Rechtsbindungswillen erfolgt. Ein Verknüpfungswille zwischen Abschluss des Mietvertrages und Einräumung des Ankaufrechtes habe weder bei der Vermieterin noch bei der Mieterin bestanden; die Mieterin sei lediglich an der Vereinbarung eines niedrigen Mietzinses interessiert gewesen. Für den schuldrechtlichen Vollzug des Ankaufsrechtes habe es bis auf die Festschreibung des Erwerbspreises an einer klaren Regelung gefehlt, woraus zu entnehmen sei, dass das Ankaufsrecht für den Vertragsabschluss für die Beklagte lediglich eine gänzlich untergeordnete Rolle gespielt habe. Die Ausübung des Ankaufsrechts sei auch von Anfang an nicht ernsthaft in Betracht gekommen, da der vereinbarte Erwerbspreis deutlich über dem zu erwartenden Verkehrswert gelegen habe, wie es sich auch bewahrheitet habe. Auch deshalb sei es treuwidrig, wenn die Beklagte das Ankaufsrecht heranziehe, um sich vom Vertrag zu lösen. Die einseitige Nachbeurkundung vom 19.10.1994 habe eine Heilung des Formmangels bewirkt, weil der Mieterin im Mietvertrag ein einseitiges Erwerbsrecht gewährt worden sei. Mit dem Einwand der Vertragsnichtigkeit könne die Beklagte nicht gehört werden, weil die vorgeschriebene notarielle Form allein Schutzwirkung zu Gunsten des Veräußerers entfalte. Sie sei stets zur Heilung der fehlenden Form bereit gewesen, während der Mietvertrag von der Streithelferin über annähernd 10 Jahre in Kenntnis der formungültigen Einräumung des Ankaufsrechtes vollzogen worden sei. Die Nachbeurkundung habe von der Beklagten und von der Streithelferin nicht von einer dinglichen Absicherung des Ankaufsrechtes abhängig gemacht werden dürfen. Ein geänderter Vertragsentwurf des Notars Dr. G. ... sei vom Geschäftsführer der Klägerin am 10.08.1998 dem anwaltlichen Vertreter der Streithelferin übermittelt worden (Anlage K 37, Bl. 746 f. d.A.). Diese habe sich treuwidrig einer Nachbeurkundung widersetzt. Zur Erfüllung der Mieteintrittsvereinbarung sei die Beklagte unabhängig davon verpflichtet, ob die Mieterin noch zu ihrem Konzernverbund gehöre oder nicht.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 99.486,36 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.04.2004 zu zahlen,

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Die Folgen einer Formnichtigkeit gemäß §§ 311 b, 125 BGB seien unabhängig von der Schutzwürdigkeit der Vertragspartner zu beurteilen. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin, wonach der vereinbarte Kaufpreis überhöht gewesen sei und die Mieterin benachteiligt hätte, habe die verletzte Formvorschrift im konkreten Einzelfall auch dem Schutz der Mieterin gedient. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin habe wegen grob fahrlässiger Unkenntnis des Formmangels nie bestanden. Ein treuwidriges Verhalten der Streithelferin könne der Beklagten nicht zugerechnet werden. Wegen Ausscheidens der ursprünglichen Mieterin aus ihrem Konzernverbund sei die Geschäftsgrundlage für die Patronatsvereinbarung entfallen.

Die Streithelferin wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie bestreitet, dass ihr bzw. ihrem anwaltlichen Vertreter das Schreiben vom 10.08.1998 zugegangen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen verwiesen.

Der Senat hat gem. §§ 525, 128 Abs. 2 ZPO mit Zustimmung der Parteien mit Beschluss vom 26.03.2007 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet und Schriftsatzfrist bis zum 23.04.2007 bestimmt.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Patronatsvereinbarung ist zwar nicht deswegen hinfällig geworden, weil die Streithelferin nicht mehr zum Konzern der Beklagten gehört (1.). Der Mietvertrag ist aber wegen Nichteinhaltung der nach § 311 b BGB vorgeschriebenen Form unwirksam (2.). Die Unwirksamkeit des Mietvertrages führt im vorliegenden Fall zur Unwirksamkeit der Patronatsvereinbarung vom 7.08./07.09./08.12.1992 (3.). Die Berufung auf den Formmangel ist der Beklagten nicht nach Treu und Glauben verwehrt (4.).

1.

In der Mieteintrittsvereinbarung liegt, vorbehaltlich der Formvorschriften, eine rechtsverbindliche Patronatserklärung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die der Klägerin das Recht einräumt, von der Beklagten zu verlangen, grundsätzlich mit allen Rechten Pflichten anstelle des Mieters in den Mietvertrag einzutreten, wenn ein zur Kündigung berechtigender Grund vorliegt (Ziff. 2 b Abs. 1). Nachdem die Mieterin Mietzinszahlungen seit Beginn des Jahres 2003 eingestellt hat, liegt ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne von § 3 Ziff. 5 a des Mietvertrages vor. Die Aufforderung der Klägerin zum Eintritt in den Mietvertrag vom 24.03.20004 bzw. vom 29.04.2004 ist unstreitig zugegangen, so dass - die Wirksamkeit der Patronatsvereinbarung vorausgesetzt - der Mieteintritt als erfolgt anzusehen ist (Ziff. 2 b Abs. 2 der Patronatsvereinbarung). Der Rechtsgültigkeit der streitgegenständlichen Patronatsvereinbarung wird durch den Verkauf der Gesellschaftsanteile an der SA.. ... GmbH vom 22.12.1992 und vom 29.12.1992, die die Rechtsvorgängerin der Beklagten an dieser gehalten hatte, nicht berührt. Dass die fraglichen Gesellschaftsanteile zu diesem Zeitpunkt von der Rechtsvorgängerin der Beklagten verkauft wurden, ist durch die von der Beklagten als Anlage BB 3, Bl. 711 ff. d.A., vorgelegten notariell beurkundeten Verträge nachgewiesen.

a)

Eine Bedingung mit dem Inhalt, dass die Patronatsvereinbarung nur für konzernzugehörige Unternehmen der Beklagten gelten soll, lässt sich dem Wortlaut der Vereinbarung nicht entnehmen. Zwar ist in § 7 Ziff. 2 des Mietvertrages geregelt, dass bei Übertragung der Rechte aus dem Vertrag der Vermieter für Konzerngesellschaften des Pirelli-Konzerns hierzu jederzeit seine Einwilligung erteilt und die Patronatserklärung weiter bestehen bleibt. Diese Klausel bezieht sich aber lediglich auf die Übertragung der Rechte aus dem Mietvertrag, zu der die Vermieterin generell im Falle einer Konzernzugehörigkeit ihre Zustimmung erklärt hat, nicht auf die Patronatsvereinbarung selbst. Es kann aus ihr nur entnommen werden, dass es bei Übertragung der Rechte auf konzernfremde Dritte der Einwilligung des Vermieters bedarf, nicht aber, dass dann die Patronatsvereinbarung hinfällig wird. Die Patronatserklärung selbst, in der dies ggf. zu erwarten wäre, enthält eine Beschränkung auf Konzerntöchter der Beklagten gerade nicht.

b)

Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage sind nicht anwendbar. Zum einen hat der Patronatsvertrag das Risiko, dass die Mieterin aus dem Konzern der Sicherungsgeberin ausscheidet, der Sicherungsgeberin zugewiesen. Zum anderen war für die Klägerin die Beschränkung der Patronatsvereinbarung auf Konzerntöchter der Beklagten in Anbetracht der langen Dauer des Mietvertrages und des erstrebten Sicherungszwecks nicht Geschäftsgrundlage der getroffenen Abmachungen. Bei einem anderen Verständnis der Patronatsvereinbarung hätte diese lediglich einen geringen wirtschaftlichen Wert für die Klägerin, was weder dem Interesse noch dem Willen der Klägerin entspräche.

2.

Wegen des Ankaufsrechts, welches die Parteien in § 3 Ziff. 2 des Mietvertrages vereinbart haben, hätte der Mietvertrag gem. § 311 b BGB notariell beurkundet werden müssen, der nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB Anwendung findet. Der Formverstoß führt zur Nichtigkeit des Mietvertrages (§ 125 BGB).

a)

Die in Bezug auf das Ankaufsrecht im Mietvertrag enthaltenen Erklärungen der Parteien werden von einem Rechtsbindungswillen getragen. Der Mietvertrag spricht in § 3 Ziff. 2 ausdrücklich von der Einräumung eines Rechts. Der Umstand, dass der Ankauf mit im schriftlichen Mietvertrag geregelt worden ist, deutet zusätzlich auf einen rechtsgeschäftlichen Willen beider Parteien hin, ebenso die Entstehungsgeschichte des Vertrages. Dass die Mieterin ohne die Erlangung einer gesicherten Rechtsposition in Bezug auf die spätere Möglichkeit eines Grundstückserwerbs den Mietvertrag gar nicht geschlossen hätte, was sich aus den Angaben der Zeugen T ..... und B ..... ergibt, belegt einen solchen Willen zusätzlich. Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts ergeben sich für den Senat nicht (vgl. dazu II. 2. lit. d bb). Diese sind daher für das Berufungsverfahren bindend (§§ 513, 529 Abs. 1 ZPO).

b)

Gemäß § 311 b BGB ist jede Art bedingter und befristeter Verpflichtungen notariell zu beurkunden. Der Beurkundung bedarf daher auch ein Ankaufsrecht, wie es die Parteien im Mietvertrag vereinbart haben, unabhängig davon, ob es als (einseitiges) Optionsrecht, Vorvertrag oder bedingter Kaufvertrag ausgestaltet ist (BGH LM § 433 BGB Nr. 16; BGH NJW-RR 1991, 205; Kanzleiter in Münchener Kommentar, 4. Aufl., Rn. 34 zu § 311 b BGB). Die streitgegenständliche Einräumung eines Vorkaufsrechts entspricht der notariellen Form nicht.

c)

Durch die notarielle Nachbeurkundung vom 19.10.1994 in Form der Bestätigung gem. § 141 BGB ist der Formmangel nicht geheilt worden.

aa)

In der Vereinbarung eines Ankaufsrechtes kann sowohl die einseitige Abgabe eines bindenden Vertragsangebotes als auch die Vereinbarung eines Vorvertrages oder eines bedingten Kaufvertrages liegen. Welche rechtliche Form des Ankaufsrechtes die Parteien vereinbart haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (BGH NJW-RR 1996, 1167; BGH LM § 433 BGB Nr. 16).

bb)

Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde der Mieterin durch das Ankaufsrecht nicht lediglich ein einseitiges (bindendes) Kaufangebot unterbreitet. Zwar ist im Mietvertrag ausdrücklich von einer Option die Rede. Jedoch ist weder der Inhalt eines noch abzuschließenden Kaufvertrages noch der Inhalt des nach Wahl des Mieters alternativ abzuschließenden neuen Mietvertrages so hinlänglich bestimmt, dass eine Annahme durch ein einfaches "Ja" hätte erfolgen können, was Voraussetzung für ein rechtlich wirksames Angebot ist (Palandt/Heinrichs, 66. Aufl., Rn. 1 zu § 145 BGB). Insbesondere fehlten Regelungen zur Fälligkeit des Kaufpreises, zur grundbuchrechtlichen Absicherung des Käufers und zur Belastung des Grundstückes mit Grundpfandrechten zu Gunsten eines die Erwerberin finanzierenden Darlehensgebers, womit in Anbetracht des hohen Restwertes zu rechnen war. Die Bedingungen eines etwaigen neuen Mietvertrages waren noch nicht einmal bezüglich der essentialia negotii geregelt (Laufzeit, Mietzins etc.). Dies spricht gegen die Einräumung eines Optionsrechtes, weil den Parteien an einer rechtsgültigen Vereinbarung gelegen war. Darüber hinaus ist aus der Einbettung des Ankaufsrechts in einen Mietvertrag auf ein zweiseitiges Rechtsgeschäft zu schließen. Im Übrigen ist die Klägerin selbst zunächst nicht von einem einseitigen Angebot ausgegangen ist, denn diese wandte sich bereits mit Schriftsatz vom 27.07.1993 (Anlage K 20, Bl. 346 d. A.) wegen des Beurkundungsproblems an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, außerdem mit Schreiben vom 27.02.1995 an die Mieterin (Anlage B 13, Bl. 172 d. A.). Ein solches Verhalten wäre nicht verständlich, wenn die Klägerin der Mieterin nur ein Optionsrecht hätte einräumen wollen.

Da die am 19.10.1994 von einem vollmachtlosen Vertreter für die Mieterin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten abgegebenen Erklärungen unstreitig nicht nachträglich genehmigt wurden, scheidet eine Heilung des Formmangels aus.

d)

Gemäß § 139 BGB zieht die Unwirksamkeit der Vereinbarung eines Ankaufsrechtes die Unwirksamkeit des gesamten Mietvertrages nach sich.

aa)

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäftes nichtig, so ist gemäß § 139 BGB das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Ein Einheitlichkeitswille im Sinne dieser Vorschrift ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn die Rechtsgeschäfte miteinander stehen und fallen sollen (BGH NJW 1976, 1931; BGH NJW 1990, 1474). Eine salvatorische Klausel verkehrt die Vermutung des § 139 BGB in ihr Gegenteil (BGH NJW 1996, 773).

bb)

Zu Recht hat das Landgericht der Vereinbarung eines Ankaufsrechtes eine vertragserhebliche Bedeutung i.S.v. § 139 BGB beigemessen. Dafür spricht bereits die Genese des Mietvertrages. Wie sich aus dem Entwurf vom 20.03.1992 (Anlage SV 1, Bl. 198 ff. d. A.) ergibt, war zunächst eine Vertragslaufzeit von 10 Jahren und ein Vorkaufsrecht zu Gunsten der Mieterin vorgesehen. Es liegt auf der Hand, dass die Mieterin mit der von der Vermieterin gewünschten Verlängerung der Laufzeit auf 20 Jahre nur gegen Gewährung eines Vorteiles einverstanden war. Dieser Vorteil lag im Ankaufsrecht, von dem die Mieterin ihre Zustimmung zum Vertragsabschluss abhängig gemacht hatte (vgl. dazu das Schreiben vom 13.07.1992, Anlage BB 1, Bl. 653/654 d. A.). Dass die Mieterin den Mietvertrag ohne Ankaufsrecht nicht abgeschlossen hätte, wird durch das Ergebnis der Beweisaufnahme zusätzlich belegt. Vom Zeugen T ....., dem ehemaligen Geschäftsführer der Mieterin, war hierzu glaubhaft zu erfahren, dass die Mieterin nicht abgeschlossen hätte, wenn ein Ankaufsrecht oder ein anderweitiger Vorteil nicht gewährt worden wäre (S. 7 des Protokolls vom 22.03.2006, Bl. 458 d. A.). Der Zeuge B ....., der frühere Aufsichtsrat der Mieterin, hat überzeugend bekundet, dass die Entscheidung über den Mietvertrag negativ ausgefallen wäre, wenn dieser kein Ankaufsrecht enthalten hätte (S. 10 des Protokolls). Er hat dies nachvollziehbar damit begründet, dass sich die Mieterin die Dispositionsfreiheit erhalten wollte, mit dem Objekt nach Beendigung des Mietvertrages nach eigenem Belieben zu verfahren. Zudem hat durch die Verbindung von Miete und Ankaufsrecht die Vertragskonstruktion einen leasingähnlichen Charakter erhalten, der auch durch den am Restwert orientierten Kaufpreis zum Ausdruck kommt. Auch die Kalkulationsüberlegungen der Beklagten (Notiz vom 04.06.1993, Bl. 708 d.A.) zeigen, dass hinsichtlich der zu bezahlenden Beträge eine darauf aufbauende Gesamtkalkulation aufgemacht wurde und die Rechte und Pflichten insgesamt in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, aus dem nicht einfach ein Element herausgelöst werden kann. Die salvatorische Klausel kann daran nichts ändern. Das von der Klägerin angestrebte Ergebnis hätte die Folge, dass die Streithelferin und die Beklagte in vollem Umfang an den Mietvertrag gebunden wären, die Klägerin jedoch nicht an ihre Verkaufsverpflichtung. Dies entspricht aus den angeführten Gründen nicht dem Willen der Beklagten.

3.

Der Mietvertrag bildet mit der Patronatsvereinbarung ebenfalls eine rechtliche Einheit im Sinne von § 139 BGB mit der Folge, dass auch letztere von der Nichtigkeitsfolge des § 125 BGB erfasst wird.

Der dafür erforderliche Einheitlichkeitswille zeigt sich bereits darin, dass gemäß § 1 Ziff. 5 des Mietvertrages alle mitunterschriebenen Vertragsanlagen 1 bis 8 als wesentliche Bestandteile dieser Vereinbarung gelten und die Patronatserklärung ausdrücklich in § 6 des Mietvertrages als Sicherheit genannt wird. Zu diesen Anlagen gehört auch die Patronatsvereinbarung als Anlage 6. Von der Klägerin wird auch nicht behauptet, dass der Mietvertrag ohne eine zusätzliche Sicherheit in Form der Patronatserklärung durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten zustande gekommen wäre.

4.

Die Berufung auf die Formnichtigkeit ist nicht gem. § 242 BGB ausgeschlossen.

a)

Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein an sich formnichtiges Rechtsgeschäft aus Gründen der Rechtssicherheit nicht schon aufgrund von bloßen Billigkeitserwägungen als wirksam behandelt werden, weil andernfalls der Schutzzweck der einzelnen Formvorschriften ausgehöhlt wird (BGHZ 140, 167; BGHZ 92, 164). Der gesetzgeberische Wille der Formnichtigkeit ist zu respektieren. Er kann nicht mit leichter Hand verwässert werden. Für die Nichtbeachtung eines Formverstoßes reicht es daher nicht aus, dass ein Vertragsteil durch die Nichtigkeitsfolge hart getroffen wird. Vielmehr muss das Ergebnis schlechthin untragbar sein. Als Anwendungsfälle des § 242 BGB sind in der Judikatur insbesondere die Existenzgefährdung einer Vertragspartei sowie die besonders schwere Treuepflichtverletzung des anderen Teiles anerkannt (BGH NJW 1996, 2503; Looschelders/Olzen in Staudinger, 2005, Rn. 446 zu § 242 BGB). Die besonderen Erfordernisse für einen ausnahmsweise nach § 242 BGB unschädlichen Formmangel liegen dabei nicht ohne weiteres schon dann vor, wenn die Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Zur Verwirkung reicht es aus, dass von einem Recht über einen längeren Zeitraum hinweg kein Gebrauch gemacht wurde und besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen rechtfertigen, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht. Die Begründung dieses Vertrauenstatbestandes setzt mithin nicht den Eintritt eines schlechthin untragbaren Ergebnisses und insbesondere keine besonders schwere Treuepflichtverletzung voraus. Zwar kann letztere auch daran anknüpfen, dass ein Vertrag über längere Zeit als wirksam behandelt wurde, vergleichbar dem "Zeitmoment" der Verwirkung, also eine Geltendmachung der Formnichtigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg unterblieben ist. Allein die Missachtung des hierdurch begründeten Vertrauens genügt aber noch nicht für die Annahme einer besonders schweren Treuepflichtverletzung. Zu einem wegen Widersprüchlichkeit treuwidrigen Verhalten, zu dem als eigenständige Ausprägung auch die Verwirkung zählt, müssen vielmehr Umstände hinzu kommen, die das Verhalten als in hohem Maße widersprüchlich erscheinen lassen (BGH NJW 2004, 3330). Eine besonders schwere Treuepflichtverletzung lässt sich nicht allein mit der Widersprüchlichkeit eines Verhaltens begründen, die darin liegt, dass die begünstigte Partei die Wirksamkeit des Vertrages zunächst nicht bezweifelte, um sich dann aber im Laufe des Rechtsstreits doch auf Formnichtigkeit zu berufen (BGHZ 138, 339). Ein in hohem Maße widersprüchliches und treuwidriges Verhalten hat der BGH (BGHZ 124, 321) darin erblickt, dass die Partei, die zur Verdeckung des wahren Sachverhaltes in Übereinstimmung mit dem Vertragspartner ein nichtiges Umgehungsgeschäft konstruiert hatte, sich auf die Formnichtigkeit berief, nachdem sie über einen längeren Zeitraum von 20 Jahren hinweg erhebliche Vorteile aus einem nichtigen Vertrag gezogen hatte, der aus der Sicht beider Vertragsparteien zur Verwirklichung ihrer Ziele erforderlich war. Ferner soll § 242 BGB anwendbar sein, wenn der Vertrag längere Zeit als gültig behandelt wurde, die sich auf § 242 BGB berufende Vertragspartei erhebliche Vorteile aus dem Vertrag gezogen und die andere Vertragspartei Aufwendungen auf den Vertragsgegenstand erbracht hat und diese in dem Vertrauen, dass der Vertrag wie bisher abgewickelt wird, immer wieder bestärkt worden ist (BGH NJW 1985, 1778; Kanzleiter in Münchener Kommentar, 4. Aufl., Rn. 60 zu § 242 BGB). Ferner ist anerkannt, dass derjenige, der einen Vertrag in Kenntnis der Formbedürftigkeit abschließt, ohne die Formvorschriften einzuhalten, sich wegen fehlender Schutzwürdigkeit grundsätzlich nicht auf § 242 BGB berufen kann (BGHZ 92, 164; Kanzleiter in Münchener Kommentar, 4. Aufl., RN 61 zu § 242 BGB). Es widerspricht nicht für sich allein § 242 BGB, wenn sich derjenige auf die Nichtigkeit beruft, dessen Schutz § 311 b BGB im konkreten Fall gar nicht bezweckte (Kanzleiter in Münchener Kommentar, 4. Aufl., Rn. 72 zu § 242 BGB). Unabhängig vom Schutzzweck darf sich jede Partei auf die fehlende notarielle Form berufen. Der Vertrag ist insgesamt nichtig, es gibt keine einseitige Nichtigkeit nur für den, in dessen Interesse die Formvorschrift liegt.

b)

Von diesen rechtlichen Grundlagen ausgehend ist die Beklagte nicht gehindert, sich auf die Formnichtigkeit zu berufen.

aa)

Zu einer evtl. Existenzgefährdung hat die Klägerin nichts vorgetragen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Folgen der nichtigen vertraglichen Regelungen (Mietzinsausfälle, verlorener Investitionskostenzuschuss etc.) zu einer solchen wirtschaftlichen Schieflage der Klägerin führen können, dass ihr Fortbestehen nicht mehr gesichert wäre.

bb)

Für die Annahme einer besonders schweren Treuepflichtverletzung der Beklagten ist bei Würdigung aller dafür in Betracht zu ziehenden tatsächlichen Umstände kein Raum. Ob der Streithelferin eine besonders schwere Treuepflichtverletzung zur Last gelegt werden kann, kann dahinstehen, denn sie könnte der Beklagten nicht zugerechnet werden.

(1)

Ein in hohem Maße widersprüchliches und treuwidriges Verhalten der Beklagten ist nicht erkennbar. Bei der Klägerin sind bereits kurz nach dem Abschluss des Mietvertrages Bedenken gegen die Wirksamkeit der getroffenen Regelungen aufgekommen, was von vornherein gegen ihre Schutzwürdigkeit spricht. Sie wusste, dass man sich in einem risikobehafteten vertragslosen Zustand befindet. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten wurde zwar durch das Schreiben der Klägerin vom 27.07.1993 (Anlage K 20, Bl. 346 d. A.) auf diese Bedenken aufmerksam gemacht. Indessen hat sich die Beklagte zu keinem Zeitpunkt widersprüchlich gegenüber der Klägerin verhalten. Erst recht fehlt es an einer besonders gravierenden treuwidrigen Verhaltensweise der Beklagten. Durch die Beklagte wurde die Klägerin in ihrem Vertrauen auf die weitere Vollziehung des Mietvertrages zu keinem Zeitpunkt positiv bestärkt. Dafür hat die Klägerin keinerlei Anhaltspunkte dargelegt. Das im Tatbestand erwähnte Schreiben vom 22.02.1995 (Anlage K 10) stammt von der damaligen Mieterin und nicht von der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Gleiches gilt für das von der Klägerin angeführte Ersuchen vom 15.08.1996 (Anlage K 34). Die Beklagte hat auch zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass sie sich an der Patronatserklärung trotz fehlender notarieller Form festhalten lässt. Dadurch, dass die Beklagte die am 19.10.1994 beurkundeten Erklärungen im weiteren Verlauf nicht genehmigt hat, musste für die Klägerin eher der Eindruck entstehen, dass bei der Beklagten kein Interesse an der Heilung des Formmangels bestand. Dass die Beklagte eine Nachbeurkundung nicht aktiv gefördert hat, kann, nachdem die Mieterin seit Ende des Jahres 1992 nicht mehr zu ihrem Konzernverbund zugehörig war (vgl. dazu die notariell beurkundeten Kaufverträge und Abtretungen vom 23.12.1992 und vom 29.12.1992, Anlage BB 3, Bl. 711 ff. d.A.), aufgrund der veränderten Interessenlage nicht als Treuepflichtverletzung gewertet werden.

Eine andere Betrachtungsweise ist auch nicht wegen des von der Klägerin behaupteten Investitionskostenzuschusses (Vertragsprovision) in Höhe von ca. 450.000,00 DM gerechtfertigt. Dieser Zuschuss wurde nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin am 10.09.1993 der Streithelferin gewährt, ist der Beklagten also gar nicht zugute gekommen. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereits sämtliche Gesellschaftsanteile, die sie an der SA.. ... gehalten hatte, verkauft.

(2)

Der Senat neigt dazu, eine besonders schwere Treuepflicht der Streithelferin ebenfalls zu verneinen. Hierfür sind folgende Erwägungen maßgeblich:

a)

Der Schutzzweck des § 311 b BGB dient nach dem Vorbringen der Klägerin, die die Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung darzutun und zu beweisen hat, im vorliegenden Fall auch der Streithelferin. Wenn der Vortrag der Klägerin zuträfe, dass im Mietvertrag der Streithelferin ein Ankaufsrecht eingeräumt worden ist zu einem Kaufpreis, der, damals schon absehbar, auch nicht annähernd dem zu erwartenden Verkehrswert des Grundstückes nach Ablauf des Mietvertrages entspricht, sondern deutlich über diesem liegt, hätte diese eine ganz erhebliche Vertragsverlängerung akzeptiert, ohne einen echten Vorteil hierfür zu erhalten. Bei dieser Sachlage würde sich der Zweck von § 311 b BGB, die Parteien auf die Bedeutung des Geschäftes hinzuweisen und vor dem Eingehen übereilter Verpflichtungen oder von Verpflichtungen zu unüberlegten Bedingungen zu schützen (BGH NJW 2004, 3626), auch auf die Streithelferin erstrecken, die den Mietvertrag ohne Ankaufsrecht nicht abgeschlossen hätte (s.o. unter II. 2. lit. d).

b)

Die Möglichkeit einer Formnichtigkeit der getroffenen Vereinbarungen war der Klägerin bereits seit Mitte des Jahres 1993 bekannt. Ab diesem Zeitpunkt konnte sie nur noch eingeschränkt darauf vertrauen, dass der Mietvertrag von der Streithelferin bis zum Ende der Vertragslaufzeit im Jahr 2013 vollzogen wird.

c)

Wer von der Unwirksamkeit der Übereinkommen würde profitieren können, war im Jahr 1992 völlig unklar und offen. Es verhält sich auch nicht so, dass die Streithelferin einseitig Vorteile aus der Formnichtigkeit gezogen hätte. Diese hat bis zum Ende des Jahres jährlich mehr als 1 Mio. DM an Mietzinszahlungen an die Klägerin entrichtet, insgesamt mehr als 10 Mio. DM. Diese Summe erreicht beinahe die Gesamtinvestitionskosten von 12.900.000,-- DM, die im Immobilien-Leasingvertrag genannt werden, den die Klägerin ihrerseits mit der CE ..... abgeschlossen hat. In Anbetracht der geflossenen Mietzinsen stellt der Investitionskostenzuschuss von ca. 450.000,00 DM, den die Klägerin der Streithelferin gewährt haben will, keine ins Gewicht fallende Größe dar.

d)

Es kommt hinzu, dass die Streithelferin noch im Jahr 1998 um eine Nachbeurkundung bemüht war. Diese hat sich - anwaltlich vertreten - mit Schriftsatz vom 23.02.1998 an den Notar Dr. G. ... mit dem Anliegen gewandt, eine Nachtragsurkunde zu entwerfen, mit der u.a. die Regelungen zum Ankaufsrecht abgeändert werden sollten (Anlage SV 6, Bl. 437 f. d.A.). Warum der von Notar Dr. G. ... daraufhin vorgelegte Entwurf (vgl. Anlage SV 7, Bl. 439 ff. d.A.) nicht beurkundet worden ist, ist umstritten und unklar. Diese Unklarheiten sind jedoch nicht ohne weiteres der Streithelferin anzulasten. Soweit von der Streithelferin in der weiteren Folge eine notarielle Beurkundung davon abhängig gemacht worden ist, eine dingliche Absicherung des Ankaufsrechts zu erhalten, erscheint dies nachvollziehbar und nicht unbillig, jedenfalls nicht grob treuwidrig. Denn die Klägerin war nicht Eigentümerin des Grundstücks und ein schuldrechtlich vereinbartes Ankaufsrecht gewährte der Streithelferin nur eine bedingte Sicherheit, das Grundstück nach Auslaufen des Mietvertrages erwerben zu können, weil anderweitige wirksame Verfügungen über das Grundstück dennoch möglich blieben. Ob und gegebenenfalls was die Klägerin unternommen hat, um nach 1998 den vertragslosen Zustand zu beenden, bleibt offen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin letztlich diesen Zustand bewusst hingenommen hat. Dabei waren die bestehenden Differenzen zwischen den Vertragsparteien dazu geeignet, das Vertrauen der Klägerin in die weitere Abwicklung des Mietvertrages zusätzlich nachhaltig zu erschüttern.

e)

Richtig ist zwar, dass die Miete bis Ende des Jahres 2002 entrichtet und das Mietverhältnis von der Streithelferin erst am 27.05.2003 gekündigt wurde. Damit hat sich die Streithelferin zwar zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch gesetzt. Dies allein begründet die Annahme einer schweren Treuepflichtverletzung aber noch nicht (BGHZ 138, 339).

(3)

Indessen kann die Frage nach einer schweren Treuepflichtverletzung der Streithelferin dahinstehen. Denn ein möglicher gravierender Verstoß der Streithelferin gegen die Grundsätze von Treu und Glauben wäre der Beklagten nicht zurechenbar. Seit der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Mieterin durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten Ende des Jahres 1992 handelt es sich um völlig getrennte Unternehmungen mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen. Ab diesem Zeitpunkt bestand zwischen der Streithelferin und der Beklagten als Sicherungsgeberin keinerlei rechtliche Beziehung mehr. In Ermangelung einer Sonderverbindung zwischen diesen beiden Unternehmen scheidet eine Anwendung von § 278 BGB aus.

Im Ergebnis würde das von der Klägerin erstrebte Prozessziel dazu führen, dass die Beklagte trotz Vertragsnichtigkeit zur Vertragserfüllung verurteilt würde. Dies ist - da die eng zu verstehenden Ausnahmevoraussetzungen nicht vorliegen - mit dem gesetzlichen Formerfordernis des § 311 b BGB nicht vereinbar.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Fragen von einer über den vorliegenden Einzelfall hinausgehenden Bedeutung sind nicht ersichtlich. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichtes nicht.

Ende der Entscheidung

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